Konflikte als Chance – 5 Gründe, warum Auseinandersetzungen gut für Unternehmen sind
Gehören Sie auch zu den Menschen, die schon beim Wort Konflikt eine Stirnfalte ziehen und sich unwohl fühlen? Ob privat oder im Job – Konflikte werden von den meisten Menschen als etwas Negatives angesehen und möglichst vermieden. Dabei sind sie meistens „einfach nur“ ein Ausdruck von den Bedürfnissen, Anliegen und Unterschiedlichkeiten der beteiligten Personen. Sich Konflikten zu stellen kann wertvoll, produktiv und für Unternehmen eine echte Chance sein, sich weiterzuentwickeln. Deswegen liefern wir im Folgenden fünf Argumenten dafür, Konflikte in einem neuen Licht zu sehen.
„Eine konfliktfreie Organisation ist eine tote Organisation“.
Arnold Retzer, Mediziner und Psychotherapeut
1. Konflikte sind Warnsignale für notwendige Veränderungen
Konflikte im Unternehmen können deutlich machen, dass bestimmte Strukturen vielleicht nicht zueinander passen und bieten daher die Chance, festgefahrene Systeme durch Veränderungsmaßnahmen anzupassen. Dabei ist wichtig zu beachten, dass es „die eine“ ultimative Lösung nicht gibt und auch nie geben wird. Es gilt immer wieder neu auszuhandeln, was in einer bestimmten Situation den Vorrang bekommen soll und welche Entscheidung vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Entwicklungen zu treffen ist.
2. Konflikte sind Voraussetzung für das Überleben der Organisation
Eine Organisation ist nur lebendig, solange sie auch Konflikte hat. Warum das so ist? In Organisationen existieren unterschiedliche Subsysteme (Abteilungen, Bereiche), die jeweils unterschiedliche Aufgaben verfolgen und dabei nach unterschiedlichen Logiken handeln. Konflikte sind in diesem Zusammenhang oft die logische – aber eben auch die unvermeidliche – Folge. Sie sind programmiert, wenn z.B. das Controlling als regelnde Instanz dafür sorgt, dass die Entwickler nicht mit ihren Ideen „Samba tanzen“. Oder wenn die Entwicklung mit Innovationen dafür sorgt, dass sich die Mitarbeiter in der Produktion bezüglich der Umsetzung erst mal die Haare raufen. Das Positive daran: Genau diese unterschiedlichen Blickwinkel und Expertisen sorgen für Weiterentwicklung und sichern langfristig das Überleben der Organisation.
3. Wo ordentlich gestritten wird, findet die beste Mobbingprävention statt
Es fängt vielleicht mit komischen Blicken an, geht mit Getuschel hinterm Rücken weiter und endet möglicherweise in der systematischen Ausgrenzung bestimmter Mitarbeiter. Wie kommt es dazu? Ein Grund für dieses Verhalten ist eine ausgeprägte „Konfliktvermeidungskultur“. Dazu kommt oft noch wenig Akzeptanz und Toleranz für Fehler, was wiederum zu Unehrlichkeit und Lästerei führt. Wenn Probleme oder Ungereimtheiten nicht angesprochen werden, besteht die Gefahr, dass wir personalisieren, d.h. die Person als Ganzes abstempeln – egal ob es nun um eine Kleinigkeit geht oder nicht. Das ist weder für die beschuldigte Person noch für uns selbst angenehm und am Ende ist die ganze Organisation benachteiligt, da eine gute Teamzusammenarbeit nicht mehr möglich ist.
4. Einen Konflikt zuzulassen hilft unangenehme Situationen zu bereinigen
Die Stimmung im Team ist schon länger angespannt, langsam kippt das Arbeitsklima. Wenn man an den bevorstehenden Arbeitstag mit einer ganz bestimmten Kollegin denkt, entsteht vielleicht ein unangenehmes Bauchgefühl. Aufgeschoben ist dann halt doch nicht aufgehoben. Oft ist es lohnenswert, den im Raum stehenden Konflikt anzusprechen. Durch eine offen ausgetragene Auseinandersetzung können Unklarheiten beseitigt werden. Denn wenn nie offen kommuniziert wird, bleibt das Problem bestehen. Schafft man es, Verständnis füreinander zu entwickeln und näher zusammenzurücken, kann z.B. auch bei herrschendem Konkurrenzkampf unter den Mitarbeitern das Teamgefühl wieder gefördert werden.
5. Konflikte ermöglichen uns die Sichtweisen anderer kennenzulernen und erzeugen Transparenz und Innovation
Wenn gestritten wird, werden Argumente hin und her geschossen und Meinungen preisgegeben. Die Vielfalt an Ansätzen, Ideen, Perspektiven und Kompetenzen im Unternehmen wird deutlich. Ergreift man diese Konflikte als Chance, können gemeinsam innovative Lösungen geschaffen werden. Es kann ein besonders kreativer Prozess entstehen, wenn es gelingt, den Schlichtungsprozess an den gemeinsamen Zielen auszurichten. Durch eine konstruktive Konfliktbewältigung kann der Energiezustand der gesamten Organisation erheblich verbessert werden. Weg von angenehmer Trägheit oder destruktiver Energie hin zu einer produktiven und innovativen Arbeitsatmosphäre.
Konflikte als Chance in Unternehmen
Lange Rede kurzer Sinn: Vergessen Sie die Angst vor Konflikten und betrachten Sie Unstimmigkeiten als nützliche Herausforderung, an der Sie und Ihr Team wachsen können. Ein gutes Team zeichnet sich nicht durch optimale Vermeidung von Konflikten aus, sondern durch den konstruktiven Umgang mit ihnen.
Was bedeutet das konkret?
Wenn die Stimmung allgemein schlecht ist, geht es erst mal vorrangig um Beziehungsgestaltung und Teampflege. Herrscht ein tiefgreifendes Unverständnis der Position des Anderen und die Positionen sind festgefahren, geht es darum einen Perspektivwechsel zu schaffen („Was an der Position des Anderen kann ich zumindest in Teilen verstehen?“), um von dort aus weitere Handlungsoptionen und Konfliktlösungen zu erschließen. Werden gar psychologische Spielchen getrieben, hilft Metakommunikation. Das bedeutet, anstelle zu versuchen, durch das eigene geschickte Agieren das Spielchen zu gewinnen, aus ihm auszusteigen und zum Thema zu machen, was in der Situation gerade läuft und von dort aus ein Anliegen zu formulieren.
Literaturempfehlung:
- Organisationale Energie. Wie Sie das Potenzial Ihres Unternehmens ausschöpfen von Heike Bruch und Bernd Vogel
- Crossing the Chasm von Geoffrey Moore – beschreibt sehr schön, dass Konflikte zwischen Controlling und Entwicklung auf Innovationspotential hinweisen
- Modell von Tuckman zum Teambuilding – die zweite Phase ‚Storm‘ als wichtigen Entwicklungsschritt für erfolgreiche Teams