Interview zur Nachhaltigkeitsberichterstellung nach GWÖ

Wir haben vor kurzem mit Veronika Geiger gesprochen. Sie hat im vergangenen Jahr für die Datenschutzberatung Janthur GmbH deren ersten Nachhaltigkeitsbericht nach GWÖ verfasst und erzählt uns wie es für sie war, was sie gelernt haben und was es der Organisation und den Menschen dort gebracht hat.

Die Datenschutzberatung Janthur GmbH teilt sich in zwei Geschäftsbereiche auf: Datenschutzberatung für KMUs auf der einen und der „WORK.In-SHOP“ auf der anderen Seite.  Der WORK.In-SHOP ist ähnlich wie ein Co-Working Space, allerdings ohne Vertragslaufzeiten – man kommt hin und bekommt den Platz oder Raum für die Zeit, die man benötigt.


Danke, Veronika, dass du dir die Zeit nimmst mit uns zu sprechen und deine Erfahrungen zur Erstellung des GWÖ-Berichtes teilst. Wie kam es dazu, dass ihr euch entschieden habt bei der Datenschutzberatung Janthur GmbH einen GWÖ-Bericht zu erstellen?

Das Thema hatte ich schon lange im Hinterkopf. Vor 4-5 Jahren habe ich das Buch von Christian Felber gelesen. Mit Dirk Janthur – den Geschäftsführer, den ich schon lange kenne – kam ich dann bei einer Unterhaltung auf die GWÖ.

Wir beide fanden den Gedanken der GWÖ spannend und dachten, dass ein Bericht das Unternehmen in vielen Bereichen weiterbringen würde. Das war Anfang 2022 – wir haben uns dann recht kurzfristig entschlossen, dass ich dieses Projekt als freie Mitarbeiterin in die Hand nehme.

Was habt ihr euch von der GWÖ-Berichterstellung erhofft?

Wir sind mit der Idee gestartet, einen neuen Weg zu einzuschlagen und zu schauen, was sich auf dieser Reise alles ergibt.

Außerdem hatten wir die Idee, dass das Unternehmen durch die GWÖ-Matrix bereichert werden kann. Was heißt es für uns konkret auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten? Wie können wir das ganze Umfeld mit einbeziehen?

Wir wollten sehen, wo wir selbst stehen und wo wir noch aktive werden wollen. Für Dirk ist es schon immer wichtig gewesen, nicht nur das eigen Süppchen zu kochen, sondern Veränderung anzustoßen. Er ist jemand, dem die Nachhaltigkeit und der „ehrbare Kaufmann“ wichtig ist. Auch darauf zahlt die Berichterstattung ein.

Wie habt ihr euch aufgestellt, um die Berichterstellung durchzuführen? Wie wurden die Mitarbeitenden der Organisation in den Prozess einbezogen?

Zunächst habe ich bei TeamWeitblick ein 4-tägiges Seminar zur GWÖ-Matrix besucht, um die Hintergründe der einzelnen Aspekte genauer zu verstehen. Im zweiten Modul gab es auch bereits Feedback zu den Berichtsinhalten.

Parallel haben Dirk und ich das Projekt und die Themenfelder allen acht Mitarbeitenden vorgestellt. Uns war es wichtig, dass alle abgeholt werden und die Möglichkeit haben sich einzubringen. Sie durften sich aussuchen, ob und bei welchem Themenfeld sie mitwirken möchten.

Anschließend folgten einzelne Workshops zu den jeweiligen Themenfeldern: Zusammen haben wir die Themen erarbeitet und gemeinschaftliche Diskussionen geführt. Es gab wenige, die sich dafür weniger interessiert und sich zurückgehalten haben.

Nichtsdestotrotz haben am Ende doch alle mitdiskutiert. Die Workshops fanden in einem offenen Raum statt. Das heißt alle, die nebenan gearbeitet haben, konnten mithören und haben sich an der ein oder anderen Stelle immer wieder eingebracht. Gleichzeitig hat das Thema allgemein im Unternehmen für Gesprächsstoff gesorgt und zu offenen Diskursen angeregt. Alle Mitarbeitenden fanden es einen sehr spannenden Prozess.

Wieviel Zeit hat die Berichterstellung in Anspruch genommen?

Im März 2022 haben wir gestartet. Angesetzt hatten wir ein halbes Jahr. Wir haben am 29.12.2022 den Bericht abgegeben. Es hat also ein wenig länger gedauert, was eher an privaten Verpflichtungen lag. Im Mai 2022 kam mein Sohn zur Welt. Als Mama von drei Kindern war einiges an Flexibilität gefordert.

Wie herausfordernd war die Sammlung aller Informationen & Daten?

Die Daten habe ich mir selber erarbeitet, manchmal mit, manchmal ohne Dirk. Ich glaube, wenn man was Neues startet, muss man sich die Dinge immer erst zusammensuchen. Ein gewisser Aufwand steckt immer dahinter. Ich fand es jedoch sehr spannende und ich habe mich gerne damit befasst.

Meines Erachtens ist es für kleinere und mittlere Unternehmen gut machbar und möglich diesen Bericht zu erstellen.

Was hast du währenddessen (Wertvolles) über die Organisation Neues gelernt?

Der ganze Prozess war sehr wertvoll – und zwar für alle! Es hat so vielen die Augen geöffnet.

Ich erinnere mich an ein Beispiel: Ein Mitarbeiter schlug vor, dass wir als Organisation CO2 messen und Kompensations-Zertifikate kaufen könnten, um unseren CO2-Fussabdruck zu reduzieren. Der Geschäftsführer war recht erstaunt, denn das machte er bereits seit 10 Jahren und veröffentlicht es auch regelmäßig, jedoch war es bei den eigenen Mitarbeitenden nicht bekannt.  

Der Prozess der Berichterstellung hat viel Dialog und Transparenz darüber geschaffen, was eigentlich im Unternehmen alles schon passiert und man voneinander teilweise noch nicht wusste.

Die Mitarbeitenden haben erkannt, welche besonderen Mehrwehrt die Arbeit durch ihre Ausrichtung bringt und wovon sie Teil sind. Es war inspirierend! Das Schöne und Wertvolle war, dass mehr Dialog zustande kam. Unter allen!

Was habt ihr in dem Berichtszeitraum bereits umgesetzt?

Wir haben aufs Neue festgestellt wie wichtig es ist miteinander im Dialog zu sein. Um mit unseren Mitarbeitenden den Raum für Dialog zu erweitern haben wir den Turnus unserer Teamsitzungen erhöht und im Herbst einen Teamtag gemeinsam gestaltet. Zeitgleich haben wir mit Esslinger Unternehmen eine GWÖ-Regionalgruppe gegründet. Hier treffen wir uns in regelmäßigen Abständen.

Wie geht es nun weiter? Was plant ihr mit den Erkenntnissen zu tun?

Wir haben uns viele Ziele gesetzt, die ich jetzt angehen werde.

Z.B. wollen wir auf die Lieferant*innen zugehen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Genauso mit den Geschäftspartner*innen.

Fokus liegt zunächst auf den Lieferant*innen: Ihnen schicken wir den GWO-Schnelltest und fragen, ob sie diesen ausfüllen und mit uns teilen möchten, damit wir darüber in den Dialog gehen können.

Was das Thema Mitarbeitende anbelangt, so wird dies gemeinsam mit den Mitarbeitenden umgesetzt. Aber auch in anderen Themengebieten kann sich jede*r einbringen.

Im März 2023 fand zudem eine öffentliche Veranstaltung zum Thema „GWÖ-Unternehmeraustausch“ statt, die positiven Anklang fand. Wir haben regionale Unternehmen eingeladen, um mit ihnen den Mehrwert einer GWÖ-Bilanz zu diskutieren, unseren Bericht vorzustellen und von dem Prozess zu berichten. Wir möchten andere dazu anspornen, eine Bilanz zu erstellen. Den fertigen Bericht werden wir auch auf unsere Homepage stellen und Papierhaft bei der Veranstaltung auslegen.

Was habt ihr als Organisation und was haben die einzelnen Menschen von dem Berichterstellungs-Prozess?

Die Mitarbeitenden sind sich das erste Mal so richtig bewusst, in was für einem Unternehmen sie arbeiten – was wollen wir bewirken und was haben wir schon erreicht? Die Kreativität wurde angeregt und viele haben sich aktiv mit tollen Ideen eingebracht!

Als Organisation erhoffen wir uns anders wahrgenommen zu werden. Da der Bericht derzeit bei der GWÖ zur Veröffentlichung liegt, ist es noch zu früh die Außenwirkung zu beurteilen.  

Plant ihr in der Zukunft eine weitere Bilanz durchzuführen? Warum (nicht)?

Ja! Schon alleine, weil ich wissen will, wie es weitergeht.

Es ist sehr spannend die Höhen und Tiefen bei diesem Prozess zu erfahren. Außerdem steht ein unternehmerischer Gedanke dahinter: Für viele mittelständische Unternehmen in der Region ist es schwierig sich mit Gehältern gegen die umliegenden Großkonzerne zu behaupten. Also überlegen sich die Kleineren was sie den Menschen stattdessen bieten können, um attraktiv für Mitarbeitende zu sein. Bereits die Veröffentlichung des GWÖ-Mitgliedslogos hat im Sommer direkt zu zwei Intiativbewerbungen bei uns geführt.

Fazit:

Es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Es war sehr spannend. Ich hoffe, dass es ein Umdenken in der Gesellschaft gibt. Und ich hoffe, dass die GWÖ Bilanz einen kleinen oder auch größeren Stein ins Rollen gebracht hat.


Möchten Sie auch einen Nachhaltigkeitsbericht nach GWÖ erstellen und brauchen Unterstützung? Kontaktieren Sie uns gerne! Wir beraten und begleiten Sie bei diesem Prozess.